Wiederbeheimatung von Spätaussiedlerinnen und Spätaussiedlern und ihren Familienangehörigen

Typ: Artikel

Spätaussiedlern ist gemäß § 7 Absatz 1 BVFG die Eingliederung in das berufliche, kulturelle und soziale Leben in der Bundesrepublik Deutschland zu erleichtern. Durch die Spätaussiedlung bedingte Nachteile sind zu mildern.

Spätaussiedlerinnen und Spätaussiedler sind Deutsche, die sich für das Leben in ihrer Heimat entschieden haben. Vor diesem Hintergrund geht es bei dieser Gruppe nicht um Integration im herkömmlichen Sinne, sondern um Unterstützung bei der Wiedereingliederung in die deutsche Gesellschaft. Da mit dem Inkrafttreten des Zuwanderungsgesetzes im Jahr 2005 eine Entscheidung getroffen wurde, die Integrationsangebote für alle Zugewanderten zu vereinheitlichen, werden diese Angebote auch für die Unterstützung von Spätaussiedlerinnen und Spätaussiedlern genutzt.

Die Spätaussiedler begünstigenden Spezialvorschriften des Bundesvertriebenengesetzes gelten weitgehend auch für dessen Ehegatten und seine Abkömmlinge, (vgl. § 7 Abs. 2 BVFG). Spätaussiedler erhalten ein staatliches Grundangebot zur Wiederbeheimatung bzw. Integration wie alle Neuzuwanderer mit rechtmäßigem Aufenthaltsstatus in Deutschland unabhängig von ihrer Herkunft. Die Umsetzung dieser Integrationsmaßnahmen erfolgt im Zuständigkeitsbereich des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF).

Um der gewachsenen Bedeutung der Spätaussiedlerintegration für die Bundesregierung Rechnung zu tragen, wurde im Oktober 2018 im BAMF ein gesondertes Referat „Integration Spätaussiedler“ eingerichtet. Dort werden alle spätaussiedlerspezifischen Eingliederungsmaßnahmen gebündelt und insbesondere die Fragen der nachholenden Integration von Spätaussiedlerinnen und Spätaussiedlern behandelt.

Der Beauftrage der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten unterstützt die Bundesregierung bei der Weiterentwicklung der Integrations- bzw. Eingliederungspolitik unter besonderer Berücksichtigung der Belange der Spätaussiedlerinnen und Spätaussiedler.

Integrationskurs

Der Schlüssel für gelingende Wiederbeheimatung, für Bildungserfolg und Zugang zu einer Beschäftigung sind gute Kenntnisse der deutschen Sprache. Auch Spätaussiedler als Deutschstämmige können Deutschkenntnisse nicht immer in ausreichendem Maße mitbringen. Deshalb ist auch für sie das wichtigste Instrument zur Wiederbeheimatung der Integrationskurs. Spätaussiedler und ihre Familienangehörigen haben gemäß §9 Abs. 1 BVFG Anspruch auf kostenlose Teilnahme am Integrationskurs.

Ein Kurs umfasst einen jeweils 600-stündigen Sprach- sowie einen 100-stündigen Orientierungskurs zu Fragen der deutschen Rechtsordnung, Geschichte und Kultur. Daneben werden Spezialkurse für besondere Gruppen (z.B. Frauen, Jugendliche, Eltern, Menschen mit Behinderungen) mit bis zu 1.200 Stunden Sprachunterricht angeboten.

Ergänzende Maßnahmen nach § 9 Abs. 4 BVFG

Seit Mitte 2006 werden zudem bundesweit Integrationsmaßnahmen speziell für Spätaussiedler auf der Grundlage von § 9 Abs. 4 BVFG gefördert, sog. "Ergänzende Maßnahmen". Die Maßnahmen finden ergänzend zum Integrationskurs statt und sollen die Spätaussiedlerinnen und Spätaussiedler dabei unterstützen, sich eigenständig in ihrem neuen Lebensumfeld zurechtzufinden und sie informieren und begleiten, wenn sie schon länger in Deutschland leben. Sie bieten außerdem Raum für Austausch und Begegnung mit anderen gesellschaftlichen Gruppen. Fast 14 Jahre lang wurden die ergänzenden Maßnahmen in Form eines Kurses unter der Bezeichnung „Identität und Integration PLUS“ gefördert.

Im Jahr 2019 fand eine breit angelegte Bedarfserhebung und Neuausrichtung der Maßnahmen unter Einbeziehung der Zielgruppe statt. Auf Grundlage der Ergebnisse der Bedarfserhebung wurde ein neues Konzept entwickelt. Das neu ausgerichtete Angebot heißt "Gemeinsam unterwegs: Identität, Anerkennung, Begegnung" und wird seit Januar 2020 gefördert. Es bietet flexiblere Formate und wurde inhaltlich weiterentwickelt. Teilnehmerinnen und Teilnehmer können künftig statt eines Kurses auch komprimiertere Veranstaltungen besuchen.

Im Rahmen der Maßnahme beschäftigen sich die Teilnehmenden unter anderem mit:

  • Fragen ihrer spezifischen Identität und Biografie sowie dem Thema Vielfalt in Deutschland,
  • Engagement, Teilhabe und Partizipation,
  • Kommunikation und Medien,
  • Möglichkeiten und Chancen in den Bereich Beruf, Weiterbildung und Selbstständigkeit
  • Fragen rund um Familie, Erziehung und Bildungswesen in Deutschland.

Teilnahmeberechtigt sind Spätaussiedlerinnen und Spätaussiedler im Sinne des BVFG, deren Ehepartner, Abkömmlinge und weitere Familienangehörige, die gemeinsam mit der Spätaussiedlerin bzw. dem Spätaussiedler nach Deutschland eingereist sind (§§ 4, 7, 8 BVFG).

Migrationsberatung

Neben den Integrationskursen gehört die Migrationsberatung für erwachsene Zuwanderer (MBE) zu den gesetzlichen Angeboten der Integrationsförderung. Die MBE initiiert und steuert den Integrationsprozess durch eine professionelle Einzelberatung zeitnah zur Einreise rund um den Integrationskurs, berät aber auch bereits länger in Deutschland lebende Zuwandererinnen und Zuwanderer mit bestehendem Integrationsbedarf. In mehr als 1.400 Einrichtungen bundesweit sowie auch online über die ChatApp von mbeon werden pro Jahr über 550.000 Zuwanderinnen und Zuwanderer beraten.

Spätaussiedlerinnen und Spätaussiedler sowie ihre Familienangehörigen gehören zur Hauptklientel der MBE. Der Bund der Vertriebenen (BdV) ist selbst Träger der MBE und setzt ehrenamtliche Kräfte ein, die vorwiegend Lotsenfunktionen für neuzugewanderte Spätaussiedlerinnen und Spätaussiedler übernehmen und eng mit den Beratungskräften der MBE zusammenarbeiten. Weitere Informationen sind auf der Seite des BAMF auffindbar.

Die Beratung junger Zuwandererinnen und Zuwanderer unter 27 Jahren erfolgt gesondert durch die Jugendmigrationsdienste aus Haushaltsmitteln des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ).

Öffentlichkeitsarbeit zur Förderung der Willkommenskultur

Um Spätaussiedlerinnen und Spätaussiedlern Informationen zu vermitteln, die für sie von besonderem Interesse sind, wurde 2020 speziell für sie ergänzend zur Informationsbroschüre "Willkommen in Deutschland" vom BMI die deutsch-russische Broschüre "Willkommen in Deutschland – Zusatzinformationen für Spätaussiedler" neu aufgelegt.

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